Frauen und ihr Gewicht – Idealgewicht, Zyklus und was ist eigentlich normal?

Kapitel 2

2. Was ist dein “Normal-” oder “Idealgewicht”?

Du hast jetzt einige Faktoren kennengelernt, die dein Gewicht beeinflussen können. Nicht zu vergessen, dass logischerweise auch deine Körpergröße dein Gewicht beinflusst. Eine Maus mit einer Giraffe zu vergleichen, macht wenig Sinn.  

Ein allgemeines Ideal- oder Normalgewicht vorzugeben, an dem du dich orientieren kannst, ist nicht zielführend. Dafür spielen zu viele individuelle Faktoren eine Rolle. Solltest du tatsächlich auf der Suche nach starren Maßstäben sein, die dir sagen, wie du zu sein hast oder was gut und was schlecht ist, raten wir dir dringend, deine Denkmuster und deine Beziehung zu Fitness zu hinterfragen.

Ein relativ bekanntes Maß, anstelle des Gewichts, ist der BMI (= Gewicht / (Körpergröße)²). Je Höher der Anteil der Muskelmasse, desto unbrauchbarer ist dieser Wert allerdings. Ein Bodybuilder wäre demnach bspw. übergewichtig.

Am sinnvollsten ist noch der Körperfettanteil (KFA) als Orientierungshilfe. Dieser gibt an, wie wie viel % deines Körpergewichts reines Fett ist.

Annas Anmerkung:

Oft kursieren gerade bei Frauen seltsame Messungen. So werden einige Bühnenathletinnen unter 10% gemessen oder Frauen, mit einem sichtbar normalen KFA berichten von unrealistisch niedrigen KFA Werten.

Ich habe im Laufe der Zeit festgestellt, dass das auf zwei Ursachen zurückzuführen ist:

1. Die Messung ist falsch, was naheliegend ist, da die gängigsten Messungen einfach ungenau sind.

2. Dass Frauen relativ zu Männern einen höheren KFA auch auf Wettkampfniveau haben, wissen viele gar nicht. Nicht mal erfahrene Coaches.

Ich habe v.a. Im Bodybuilding Bereich sehr erstaunt Unterhaltungen geführt (und lese das auch immer wieder irgendwo), bei denen mir vollkommen zweifellos von irgendwelchen Bereichen um die 8% für Athletinnen berichtet wurde. Dass diejenige dann quasi tot sein müsste, war den Coaches nicht bewusst. Auch jeder Hinweis darauf wurde abgelehnt, weil das eine implizite Grundregel zu sein scheint, dass man im (nicht naturalen) Classic Bodybuilding nichts hinterfragt und alles so macht, wie immer…

“Wieviel wiegst du?”

“Wie viel wiegst du?”
“Wie groß bist du?”
“Wie ist dein Oberschenkelumfang?”
“Welche Größe trägst du?”
“Du bist so schön.”
“Du bist mein größtes Vorbild”

Typische Fragen und Kommentare, dekoriert mit jeder Menge Herzchen und Küsschen, unter all den geschönten Selfies beliebter Fitnessbarbies auf Instagram & Co., die genau das zum Ziel haben.

Foto by Elijah O'Donnell
Foto by Elijah O’Donnell

Die Sozialen Medien machen das emotionale Erlebnis umso intensiver. Das soll auch so sein, da sich Emotionen, Sehnsüchte und das “Werde so wie ich bin”-Versprechen am besten verkaufen. Man kann 24/7 an dem Leben der Menschen teilhaben, die so sind, wie man selbst gern wäre. Es suggeriert eine persönliche, reale Beziehung mit der Identifikationsfigur und eine heile Welt, in der man das sein kann, was man in der wahren Welt nicht ist.

Gehörst auch du zu denjenigen, die einigen Fitnessbarbies folgen, weil du sie als Motivationsvorlage brauchst, steckst du bereits in einem Teufelskreis aus persönlicher Unzufriedenheit, Körperfixierung und Kontrollzwang. Diese Bilder machen etwas mit deinem Unterbewusstsein, auch wenn du das sehr wahrscheinlich nicht wahr haben willst.

Bevor die Information in dein rationales Bewusstsein überhaupt vorgedrungen ist, muss sie erst durch dein emotionales Unterbewusstsein, über das du keine Kontrolle hast. Wenn da schon jede Menge Wunden existieren, streust du quasi freiwillig noch mal eine ordentliche Ladung Salz rein.

Dieses Verhalten ist nur ein Symptom für tiefer liegende Probleme. Das gilt ebenso für die die Fixierung auf dein Körpergewicht. Die Zahl hat objektiv gesehen keinen Wert, aber entscheidet dennoch über deine Zufriedenheit und dein Selbstvertrauen.

Das sind alles lediglich Kompensationsstrategien für ungelöste Probleme in deinem Unterbewusstsein. Diese arbeiten schon so lange in dir und erzeugen so ein Leid, dass deine Psyche irgendwie versucht, sich davon zu befreien, damit es dir gut geht. Die Fixierung auf ein scheinbar kontrollierbares Problem ist, im Vergleich zur Trauma Aufarbeitung, relativ einfach. Wenn du einmal schlank und schön bist, wirst du begehrt. Das gibt dir ein gutes Gefühl. Um nichts anderes geht es hierbei. Du willst dich eigentlich nur gut fühlen.

Da das eigentliche schmerzhafte Problem jedoch nicht gelöst ist, ist diese Kompensationsstrategie ein Fass ohne Boden. Deine Flucht geht eine zeitlang gut, aber früher oder später wirst du keine Kraft mehr zum flüchten haben, da du Raubbau an deinem Körper betrieben hast. Spätestens dann bist du gezwungen, dich mit dem auseinander zu setzen, wovor du stets geflüchtet bist.

Foto by Viktor Nikolaienko
Foto by Viktor Nikolaienko

Wenn du dich vergleichst, kannst du nur verlieren, denn es wird immer jemanden geben, der etwas hat, was du nicht hast. Doch das gilt auch umgekehrt: Auch du bist einzigartig und hast etwas, das andere nicht haben.

Gleiche KFAs oder Körpergewichte sehen bei jedem anders aus. Du wirst nicht wie die 55-kg-Fitnessbarbie aussehen, wenn du auch 55 kg wiegst, es sei denn, du hast ihre Gene, Körpergröße und alle weiteren körperlichen Voraussetzungen, ihre Lebensumstände, dieselbe Trainingskarriere und Ernährung etc.. Dazu müsstest du dich schon klonen lassen.
Du kannst dir den ganzen Stress auch einfach sparen, indem du die Kraft und Zeit, die du damit verbringst, zu schauen, was andere machen, einfach in dich investierst.


“Your competition isn’t other people. You’re competition is your procastination. Your ego. The unhealthy food you’re consuming, the knowledge you neglect. The negative behavior you’re nurturing, your lack of creativity. Compete against that.”


Lewis Howes