Du DARFST auch essen, wenn du KEINEN Hunger hast!!!


Die Fitnessblase hat mal wieder Großartiges geleistet.

Zunächst haut man über Jahre ein paar Diäten auf den Markt, die sich lediglich in der Ernährungsform unterscheiden, doch demselben Prinzip folgen: Ein Kaloriendefizit immer wieder neu verpackt.

Man justiert die Variablen einer Gleichung einfach immer wieder neu und verkauft das dann als Trend, den die Schäfchen hinterher rennen. 

Wirtschaft wächst eben auf Dauer nur, wenn man das Rad immer wieder neu erfindet und Menschen ständig auf der Suche nach Problemlösungen sind. Wenn man Probleme tatsächlich lösen würde und Menschen zufrieden wären, könnte man ihnen nichts mehr verkaufen. Wenn sie nicht von allein auf die Idee kommen, Probleme zu haben, dann erschafft man eben einfach welche… 

#wachstum #skalierung #grenzkosten

Na ja, die ganzen Diätrends und Fitnessprogramme haben die Probleme jedenfalls nicht gelöst. Die Menschen schaffen es immer noch nicht wie sexy Fitnessmodels auszusehen.

Die Probleme der Menschen sind also geblieben.
Doch das Vertrauen ist gesunken.

Also wird das, was man bisher gemacht einfach netter und glaubwürdiger verpackt.

Dazu verwendet man gern den Stempel der Wissenschaft. #haloeffekt

Klingt gut und kann man auf Stichhaltigkeit eh nicht prüfen, wenn man keine Ahnung davon hat. Meist hat auch niemand Lust darauf.

Durch die sozialen Medien zu scrollen, um zu erfahren, was die Wissenschaft sagt, ist eben einfacher als wochenlang selbst Paper zu einem Thema zu lesen und gibt einen auch das Gefühl zu wissen, dass x absolut richtig und y absolut falsch ist, weil die eine Studie angeblich sagt, dass x richtig und y falsch ist. Das ist dann angeblich #science.

Macht durchaus Sinn, schließlich ist der Mensch ein geschlossenes System mit wenigen Variablen, die sich alle stets kontrollieren lassen. Lustigerweise glaubt die Fitnessblase auch, dass man auch beliebig an einer Variablen drehen kann, ohne, dass auf der anderen Seite der Gleichung dann was passiert.

Und natürlich sind Menschen absolut rational. Erstrecht die 20 Jährigen Influenzaaa, die den ganzen Tag influenzaaan und den Menschen erzählen, wie die Welt funktioniert und was richtig und was falsch ist.

Na ja, seltsamerweise sind die alten Probleme und Fragen immer noch da. Vielmehr noch haben sich ein paar Neue dazu gesellt:

essgestörtes Verhalten
Essstörungen 
Zyklusstörungen.


Das ist nun der neueste Shit, mit dem sich Reichweite gewinnen und Geld verdienen lässt.
#fitness
#fit
#gesund
#gesundheit

Die klassischen Diäten sind out.
Intuitives Essen und Zyklus fixen ist in.

So ein Zufall…

Nun erzählt man den Leuten, wie man sich ohne Kalorienzuzählen ernährt, weil sie das nicht mehr können.

Man erzählt ihnen, dass man sich selbst lieben und nach Hunger und Sättigung essen soll und macht ihnen das mit sexy Selfies vom fitten Körper und Rezepten von proteinreichen Imitaten beliebter Triggerfoods, schmackhaft.

Foto by Diana Polekhina



WARUM SCHREIBE ICH DAS?



In den letzten Monaten ist mir aufgefallen, dass nicht nur auf den sozialen Medien Hunger und Sättigung ein Thema ist, sondern sich hier wieder etwas in den Köpfen festgesetzt hat, das nie die Intention des Konzepts intuitiven Essens war!

Wenn ich mit neuen Klientinnen beginne zusammenzuarbeiten, merke ich, dass sie ihr Hungergefühl derart zerdenken, dass mehr als offensichtlich ist, dass sie Hunger und Sättigung wieder als “Regel- und Wertesystem” nutzen und im Grunde nichts anderes machen als zuvor:

Sich nach Regeln zu richten, die ihnen sagen, wann, was und ob sie essen dürfen.

In den Köpfen hat sich festgesetzt:

Ich habe keinen Hunger = Ich darf nicht essen.
Ich habe Hunger = Ich darf essen
.

Das führt dazu, dass sie den ganzen Tag damit beschäftigt sind, zu überlegen, ob sie Hunger haben oder nicht, ob sie essen dürfen oder nicht, weil die Wahrnehmung körpereigener Signale verzerrt ist und sie noch in dem “Ich darf” oder “Ich darf nicht denken” stecken.

Damit ersetzen sie nur ein Regelsystem durch ein anderes, was nicht das Ziel des intuitiven Essens ist!

NEIN!

Du darfst auch essen, wenn du keinen Hunger spürst.
Doch du musst eben nicht.

Doch es ist wichtig, dass du die Wahrnehmung deiner körpereigenen Signale wieder lernst, sie annimmst, ihnen vertraust und aufhörst, sie zu bewerten!

Es geht darum, dass du aufhörst, dich kaputt zu machen und deine Bedürfnisse wertfrei zu akzeptieren lernst.



Dass du so denkst hat mehrere Gründe:

1. Du hast dich mit IE nie wirklich beschäftigt und den Trend und dieses Ding mit “Man soll nach Hunger und Sättigung essen, wenn man gesund werden will” irgendwo aufgeschnappt und klammerst dich nun daran, weil du gemerkt hast, dass du ein Problem mit dem Essen hast, unter dem du leidest.

2. Viele Influencer geben nur wieder, was sie selbst irgendwo mal gelesen haben, befassen sich aber nicht tiefgreifend mit der Materie und arbeiten nicht mit Menschen im realen Leben um zu wissen, was in der Praxis noch zu beachten ist. Sie müssen Content produzieren, um Reichweite zu gewinnen, denn so verdienen sie ihr Geld. Dazu muss man die Nachfrage bedienen. Wenn man aber den ganzen Tag Hunderttausende Menschen unterhalten muss, bleibt nicht viel Zeit für die tiefgründige Recherche. Die Regel ist, einfach bei anderen zu schauen, was sie machen.

3. Du hast Angst vor dem Zunehmen und kompensierst dieses Gefühl eigentlich noch.

4. Du hast Angst vor dem Kontrollverlust und bleibst daher restriktiv.

5. In dir arbeiten noch eine ganze Menge Wertesysteme, die dir sagen, was richtig oder falsch, gesund und ungesund, gut oder böse ist.

6. Du hast kein Vertrauen in deine Körperwahrnehmung.

Foto by Diana Polekhina


Es geht lediglich darum, die Wahrnehmung des Hungergefühls wieder zu verbessern.

Das Hungergefühl ist wie jedes andere körperliche Signal auch, jedoch hat sich deine Assoziation und Wertung durch jahrelanges Diäten zu speziell diesem Signal derart verändert, dass Hunger selbst ein Trigger sein kann oder dissoziiert ist, denn du assoziierst Hunger mit Kalorien und Kalorien mit deinem Körper.

In der Praxis erlebe ich vor allem zwei Extreme zu Beginn des Coachings:

1. Angst vor dem Hungergefühl, sodass Hunger vorgebeugt wird.

2. Dissoziation vom Hungergefühl, sodass dieser nicht mehr wahrgenommen wird
.

Fall 1 führt dazu, dass die Betroffenen die ganze Zeit an Essen und Hunger denken und essen, um das Hungergefühl gar nicht erst aufkommen zu lassen.

Fall 2 führt dazu, dass sie Betroffenen die ganze Zeit an Essen und Hunger denken und nicht essen, weil sie nicht einordnen können, ob das, was sie spüren, Hunger ist. Ich erlebe nicht selten, dass sie erst essen, wenn sie Krämpfe und Übelkeit spüren.



WICHTIG

Wenn du dich hier wieder findest, dann arbeiten noch alte Werte- und Regelsysteme in dir!



Allgemeine Tipps zur Orientierung

  1. Nimm die Wertung raus!
  2. IE ist keine Diät! Es dient nicht zum Abnehmen! Es sind keine Regeln!
  3. IE dient dazu, die Wahrnehmung deiner körperlichen Signale wieder zu verbessern.
  4. IE sagt dir nicht, dass du etwas sollst, nicht sollst.
  5. Reflektiere, ob du Hunger/Sättigung mit “Ich darf oder darf nicht” verwechselst!
  6. Prüfe die Entwicklung deines Food Focus und deiner Körperwahrnehmung!
    Wenn diese, ähnlich wie in einer Diät verlaufen oder zunehmen bzw. negativer werden, stimmt etwas nicht.
  7. Es ist kein Drama, wenn du auch isst, auch wenn du kein Hunger hast. Genauso ist es kein Drama, wenn du etwas länger Hunger hast. Ziel ist hier die wertfreie Wahrnehmung, so wie du es bspw. auch bei Müdigkeit machst!
Foto by Diana Polekhina