Je höher das Podest, desto tiefer der Fall, desto schmerzhafter der Aufprall.


Wenn du jemanden auf ein Podest stellst,
wirst du auch der*diejenige sein,
der*die ihn*sie von

diesem Podest hinab stößt.

Nur das Ego macht zwischen sich und anderen einen Unterschied.

Egal in welche Richtung.

Nur das Ego wertet andere auf, um sich selbst abzuwerten.

Nur das Ego wertet andere ab, um sich selbst aufzuwerten.

Was instabil ist,
muss sich stabilisieren, um nicht zusammenzubrechen.

Die Höhe des Podests entspricht dem Ausmaß deiner Enttäuschung, die du erfährst, wenn du erkennst, dass kein Mensch besser oder schlechter, nur gut oder schlecht, nicht nur Licht oder Schatten ist…wenn du erkennst, dass das, was du siehst, relativ, vergänglich, subjektiv und objektiv wertfrei ist.

Die Enttäuschung nach dem Fall nimmst du schließlich als Veränderung deiner Gefühle und Anziehung gegenüber/zu diesem Menschen wahr, die eine Distanz zwischen euch schafft, die der Höhe des Podests zuvor entspricht.

So zeigt sich Erwartung als Enttäuschung,

Hoffnung als Wut,


Anziehung als Abhängigkeit,


Nähe als Distanz,


“Liebe” als Bedürftigkeit,


Erfüllung als Leere.


So wirst du schlißlich den Menschen, den du selbst auf ein Podest gestellt hast, dafür “bestrafen”, dass er*sie, der Höhe nicht gewachsen ist.

So zeigt sich, was euch wahrhaft verbunden und angezogen hat.

Das Ausmaß der Enttäuschung entspricht also dem Ausmaß deiner Selbsttäuschung und dem Ausmaß deiner verzerrten Wahrnehmung, die du nicht wahr nimmst.

Das Podest impliziert eine subjektive Wertung in Kombination mit einer Erwartung, die ein Problem verkompliziert, das in deinem Bewusstsein nur imaginär existiert, durch das, was dein Unterbewusstsein projiziert.

Das Podest steht für eine Geschichte, die du dir selbst erzählst über etwas, dass du in deinem Leben oder in dir selbst suchst.

Diese Geschichte, ist eine Hoffnung auf etwas das nicht ist und so zum Scheitern verurteilt ist, weil es nicht real, noch in dir und deinem Leben ist, doch nach dem du auf der Suche bist, ohne dass du dir dessen bewusst bist.


Das Podest sagt dir nicht,
wer der*die andere ist.

Das Podest sagt dir,

was nicht in dir und deinem Leben ist,
doch wonach du auf der Suche bist,
ohne dass du dir dessen bewusst bist.



Daedalus und Icarus



Weisung erteilt er dem Sohn und spricht:
„In der Mitte des Weges,
Ikaros, bleib, dass nicht dir Wasser beschwere die Schwingen,
Wenn zu niedrig du gehst, zu hoch, sie versenge das Feuer.
Fliege von beiden entfernt. 
Auch sieh nicht nach dem Bootes
Oder nach Helike hin und dem drohenden Schwert des Orion.
Halte die Bahn mir nach.“

Als am verwegenen Flug sich der Knabe begann zu ergötzen,
Keck den Führer verließ und von Lust nach dem Himmel verleitet
Höheren Weg einschlug. Weich wird von der Nähe der heißen
Sonne das duftende Wachs, die bindende Fessel der Federn.
Weg war geschmolzen das Wachs: noch schwingt er die nackenden Arme,
Aber des Ruders beraubt kann Luft nicht weiter er fassen,
Und es empfängt den Mund, der schreiend den Namen des Vaters
Nannte, die bläuliche Flut, die drauf nach dem Knaben genannt ward.

„Ikaros, Ikaros, komm!“, so ruft der bekümmerte Vater,
Nicht mehr Vater anjetzt. „Wo bist du? Wo soll ich dich suchen?

Ikaros!“ schallt sein Ruf.
Da sieht er im Wasser die Federn
Und er verwünscht die erfundene Kunst und bestattet den Leichnam,
Und vom bestatteten Leib ist der Name verliehen dem Eiland.


Foto by Ahmad Odeh